„Das hatte ich mir aber leichter vorgestellt“
Die Leichtigkeit des Scheins
ist eben doch nicht immer die Leichtigkeit des Seins. Surfenlernen ist anstrengend und Surflehrer sein tatsächlich
auch. Eine Erkenntnis die Surfschüler und ich als angehender Surflehrer wohl
teilen. Die Bordshorts locker im Wind um die Beine wehen zu lassen, dekorativ
am Strand zu stehen, die Wellen und die Schüler zu checken und zwischendurch
mal locker ein paar Wellen abzureiten ist vielleicht das Bild vom Surferlehrer
in unserem Kopf, aber die Realität ist eine andere. Es ist eine Herausforderung
aber eine durchaus großartige. Denn der Spaß- und Suchtfaktor an diesem Sport
ist so groß, dass Du immer mehr willst, immer besserer werden möchtest und
abends beim Einschlafen in den schönsten Wellen versinkst und Deinen Surftag
weiter träumst.
Als Surfschüler kommt man manchmal vielleicht etwas blauäugig in einen
Kurs und denkt sich, nach ein paar Tagen werde ich bestimmt genauso elegant
über die Wellen reiten wie diese Jungs in den Werbespots oder meine Surfidole
wie Julian Wilson und Kelly Slater. Am ersten Tag eines Kurses wird man aber
meist ganz schnell wieder auf den Sandboden der Tatsachen zurückgeholt oder
besser, mit einer kräftigen Weißwasserwalze vom Brett gespült. Was wir in den
Werbespots mit diesen professionellen Surfern nämlich nicht sehen, sind ihre
Stürze und die vergeblichen Versuche eine Welle anzupaddeln.
Ich erinnere mich an ein junges Mädchen in meinem Kurs, die durchaus
etwas unsportlich daherkam, trotzdem motiviert bis unter die Brettspitze und
die ersten beiden Tage verzweifelt damit verbrachte ein Brettgefühl zu bekommen
und ihr Gleichgewicht zu finden. Sie schaffte es gerade mal kniend auf dem
Brett an den Strand zu gleiten. Ich war schon ebenso verzweifelt wie sie und
ich erwartete, dass sie am nächsten Tag hinschmeißt und nicht wieder kommt. Ich
irrte und ihr Kampfgeist siegte. Gerade war ich damit beschäftigt ein paar
Fotos unserer Surfschüler zu schießen, als sie mit einem kräftigen Satz einen
perfekten Take Off hinlegte und stehend auf dem Brett landete. Mit einem
überglücklichen Strahlen im Gesicht und dem puren Stolz auf den Schulten surfte
sie bis an den Strand. Das Foto ist mein Lieblingsbild der letzten vier Wochen
geworden.
Fotos sind überhaupt eine der besten Erfindung der Menschheit. Auch
wenn sie mich gerade ein wenig sentimental stimmen und das Fernweh volle Kanne
zuschlägt. Ich wünsche mich barfuß an den Strand zurück, denn inzwischen bin ich
wieder in Deutschland und sitze in der S-Bahn auf dem Weg zur Arbeit. Die
langen Hosen und festen Schuhe engen mich irgendwie ein. Mein ganzer Körper hat
wohl ein wenig zu viel Freiheit in den zurückliegenden Wochen geatmet. Heute
atmet er wieder Büroluft.
Für jemanden der zum ersten Mal übers Wellenreiten liest mag diese
Schwärmerei befremdlich erscheinen, doch dieser Sport hat etwas magisches. Das
erfährt jeder Surfschüler spätestens dann, wenn er die erste große grüne Welle
genommen hat. Vielleicht bin ich so verrückt danach, weil es so ursprünglich,
elementar und naturnah ist. Surfen ist eine Kombination aus Sport, Kampfgeist,
Geschicklichkeit, Schnelligkeit, Körperbeherrschung, Wachheit, Meditation und
jeder Menge Spaß. Das höchste der Gefühle soll der sogenannte Green Room sein,
wenn sich die Welle zum Tunnel formt und man wie ein Pfeil durch sie ihn
hindurchjagt. Angeblich hat man das Gefühl, dass sich Raum und Zeit dabei
verändern. Ich hoffe ich finde das bald heraus.
Wer Surfen lernen will, der darf sich auf ein Kräftemessen mit sich
selbst freuen, auf unbeschreibliche Glücksmomente, auf eine coole und
entspannte Gemeinschaft, auf Grillabende, auf traumhafte Sonnenuntergänge am
Strand und auf einen kräftigen Muskelkater.
Ich für meinen Teil habe in diesem Praktikum eine Menge gelernt und
mein Entschluss steht, für eine Saison oder länger am Strand zu arbeiten. Vor
allem aber habe ich Respekt vor der Professionalität der Rapa Nui Crew, die
jeden Tag erneut dafür sorgt, dass Surfschüler ihren Kurs erfolgreich und mit
viel Spaß absolvieren. Steigt einfach mal aus aus der normalen Welt und erlebt
ein wahres Stückchen Leben, das Meer lädt Eure verbrauchten Batterien wieder
auf. Euer Surfbrett liegt schon im Sand bereit. Keep on Surfing und folgt Eurer
Leidenschaft, welcher Art auch immer, denn das ist der richtige Schlüssel zum
Glück.
Folge deiner Leidenschaft,
Chris und das Rapa Nui Surf Team
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