Dienstag, 20. August 2013

„Halbzeit“ im Rapa Nui Surfcamp auf Fuerteventura



Die ersten beiden Wochen meines Surflehrer-Praktikums sind schon wieder vorbei. Die Zeit vergeht hier rasend schnell und Langeweile kommt gar nicht erst auf.
Ein wenig geschafft vom Tage habe ich es mir in der Hängematte bequem gemacht und feiere den Start ins Wochenende mit einem kühlen Bierchen.
Für den Laptop ist auch noch Platz und somit seid auch Ihr dabei.
Ich wohne hier mitten in der Wüste, zwischen riesigen Bergen unweit der Surfschule, fünf Autominuten vom Strand von La Pared entfernt. Die gemütliche Finca teilen sich drei der Surflehrer und für eine zusätzliche Matratze war auch noch Platz. Ein cooler Männerhaushalt, den ich sicher schon bald vermissen werde. Aber noch liegen zwei Wochen vor mir und Mario spielt gerade auf seiner Akustikgitarre etwas sehr temperamentvolles. Es klingt wie Flamenco. Er zupft die Saiten so unglaublich sauber und schnell, dass einem schwindelig wird vom Zugucken. Also gucke ich besser auf meinen Laptop und lasse die Buchstaben zur Musik über den Bildschirm tanzen.

Vor einigen tausend Jahren hat sicher noch niemand in Gitarrensaiten gegriffen oder auf leuchtende Bildschirme geschaut. Was haben nur die alten Polynesier so getrieben nach einem arbeitsreichen Tag mit einer Surfsession zum Feierabend? Vielleicht haben die Erfinder des Wellenreitens ja an einem Lagerfeuer gesessen, frischen Fisch gegrillt und danach ein bisschen Liebe gemacht ... oder vielleicht auch nur gezeichnet. Ihre Surfkünste haben die Polynesier nämlich in Höhlenmalereien festgehalten. Die wohl ersten Ausgaben eines Surfmagazins. Seit etwas 6000 Jahren besiedeln sie die Inseln des Pazifiks.
Der Reiselust des Inselvolkes ist es übrigens zu verdanken, dass auch schon bald auf Hawaii gesurft wurde. Bald ist gut, erst 1720 muss es den ersten Surfkurs auf Hawaii gegeben haben. Dort wurde Wellenreiten schließlich zum „Sport der Könige“ und ein fester Bestandteil der heidnischen Religion. Hundert Jahre später kamen allerdings die christlichen Missionare und verboten den Spaß erst einmal. Weitere hundert Jahre später wurde Hawaii 51. Bundesstaat der USA und Surfen war wieder erlaubt. Gott sei Dank! ^^

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen mit diesem kleinen historischen Abriss meinen ersten richtigen Surfkurs am Strand einzuleiten. In dieser Woche war es nämlich soweit, ich durfte erstmals allein den Theorieteil vortragen. Allerdings war ich viel zu aufgeregt und angespannt unter den aufmerksamen Augen von Surflehrer Jan und den lauschenden Ohren der Kursteilnehmer. Die alten Polynesier wollten dann wohl auch nicht länger warten und paddelten schon mal raus aufs Meer. Ich erklärte unterdessen die Grundlagen des Surfens und brachte im praktischen Teil die Jungs und Mädels dann tatsächlich sicher auf die Bretter. Es ist toll zu sehen wie stolz die Neulinge sind wenn sie zum ersten Mal auf dem Brett stehen und sich sogar bis zum Strand darauf halten können. Ich war ja auch mal Anfänger und kenne dieses euphorische Gefühl, man redet den ganzen Tag über nichts anderes mehr.

Der Tag eines Surflehres ist recht lang, je nachdem wie die Gezeiten des Meeres es zulassen und der Kurs beginnen kann, heißt es auch schon mal 6:30 Uhr aufstehen. Als erstes muss alles Material sorgfältig und sauber gepackt werden. Die Surfbretter, die Neoprenanzüge... alles in den richtigen Größen mit ein wenig Zubehör. Fehlen noch die Surfschüler. Das wiederum ist eine kleine logistische Meisterleistung, denn alle müssen zum richtigen Zeitpunk von diversen Hotels und Surfcamp abgeholt werden. Dann geht‘s auch schon ins Wasser.
Der Strand von La Pared ist ein beliebter Spot für Surfanfänger, die Weißwasserwalzen rollen im Sekundentakt herein und Ihr könnt bis zur körperlichen Erschöpfung die Grundlagen des Wellenreitens trainieren.  Mit all den roten, blauen, gelben Surfboards und verschiedenfarbigen Lycras ein wirklich buntes Treiben. Ich habe Respekt davor wie unsere erfahrenen Surflehrer es schaffen da den Überblick zu behalten. Die Strömung im Wasser treibt die Schüler manchmal innerhalb weniger Sekunden zwanzig, dreißig Meter nach links oder rechts. Ein Sack Flöhe hüten ist dagegen ein Kinderspiel. Jeder wird außerdem im Wasser persönlich betreut, bekommt wertvolle Hinweise oder wird auch schon mal auf die ein oder andere Welle geschoben, wenn die Paddelkraft noch nicht ausreicht.
Zu 99 Prozent schafft jeder der Schüler am Ende des ersten Kurstages seine erste weiße Welle im Stehen zu Surfen.

Nach Kursende fahre ich dann meistens das versandete Material zurück in die Schule, wasche Neoprenanzüge, Boards und Lycras und sortiere alles wieder ordentlich ein. Die Sonne brennt zur Zeit unbarmherzig heiß, vergisst Du auch nur einen Tag die Sonnencreme, dann siehst Du am Abend aus wie eine gekochter Krebs. So langsam bekommen meine Haare schon das beliebte Beachblond und die Leute fragen mich „Wie lange lebst du eigentlich schon hier?“. Ich grinse dann fröhlich und sage „...gerade mal zwei Wochen“.

Natürlich bleibt nach Dienstschluss immer noch Zeit privat Surfen zu gehen. Die anderen Surflehrer kennen die besten Spots, wissen wann wo was läuft. Es ist immer ein toller Ausklang des Tages. Ein wenig Surfspirit von den größeren Wellen gibt‘s im nächsten Teil meines Pratikanten-Blogs. Denn manchmal gibt es nichts schöneres als nach Sonnenuntergang bis zum Dunkelwerden mit dem Meer zu spielen und erst aus dem Wasser zu gehen, wenn über der Bucht schon der Mond am Himmel steht.        

Es ist inzwischen dunkel geworden, der erfrischende Wind fegt endlich die 40 Grad des Tages von der Insel und über uns leuchtet der wohl schönste Sternenhimmel der Welt. Tief hängt er, zum Greifen nahe und er funkelt so klar wie man ihn in unseren großen Städten gar nicht mehr zu Gesicht bekommt. Ich schaue noch ein wenig in die unendliche Weite, lasse den Wind mit meinen Haaren spielen und träume von großen sauberen Wellen die an meinen beiden freien Tagen hoffentlich auf mich warten.

Übrigens da draußen auf dem Meer ist noch jede Menge Platz für Euch. Das Surfabenteuer wartet - hier auf Fuerteventura sogar das ganze Jahr über.
Fortsetzung folgt ... ;)
Euer Chris  

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