Die ersten beiden Wochen meines Surflehrer-Praktikums sind schon wieder
vorbei. Die Zeit vergeht hier rasend schnell und Langeweile kommt gar nicht
erst auf.
Ein wenig geschafft vom Tage habe ich es mir in der Hängematte bequem
gemacht und feiere den Start ins Wochenende mit einem kühlen Bierchen.
Für den Laptop ist auch noch Platz und somit seid auch Ihr dabei.
Ich wohne hier mitten in der Wüste, zwischen riesigen Bergen unweit der
Surfschule, fünf Autominuten vom Strand von La Pared entfernt. Die gemütliche
Finca teilen sich drei der Surflehrer und für eine zusätzliche Matratze war
auch noch Platz. Ein cooler Männerhaushalt, den ich sicher schon bald vermissen
werde. Aber noch liegen zwei Wochen vor mir und Mario spielt gerade auf seiner
Akustikgitarre etwas sehr temperamentvolles. Es klingt wie Flamenco. Er zupft
die Saiten so unglaublich sauber und schnell, dass einem schwindelig wird vom
Zugucken. Also gucke ich besser auf meinen Laptop und lasse die Buchstaben zur
Musik über den Bildschirm tanzen.
Vor einigen tausend Jahren hat sicher noch niemand in Gitarrensaiten
gegriffen oder auf leuchtende Bildschirme geschaut. Was haben nur die alten
Polynesier so getrieben nach einem arbeitsreichen Tag mit einer Surfsession zum
Feierabend? Vielleicht haben die Erfinder des Wellenreitens ja an einem
Lagerfeuer gesessen, frischen Fisch gegrillt und danach ein bisschen Liebe
gemacht ... oder vielleicht auch nur gezeichnet. Ihre Surfkünste haben die
Polynesier nämlich in Höhlenmalereien festgehalten. Die wohl ersten Ausgaben
eines Surfmagazins. Seit etwas 6000 Jahren besiedeln sie die Inseln des
Pazifiks.
Der Reiselust des Inselvolkes ist es übrigens zu verdanken, dass auch
schon bald auf Hawaii gesurft wurde. Bald ist gut, erst 1720 muss es den ersten
Surfkurs auf Hawaii gegeben haben. Dort wurde Wellenreiten schließlich zum
„Sport der Könige“ und ein fester Bestandteil der heidnischen Religion. Hundert
Jahre später kamen allerdings die christlichen Missionare und verboten den Spaß
erst einmal. Weitere hundert Jahre später wurde Hawaii 51. Bundesstaat der USA
und Surfen war wieder erlaubt. Gott sei Dank! ^^
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen mit diesem kleinen historischen
Abriss meinen ersten richtigen Surfkurs am Strand einzuleiten. In dieser Woche
war es nämlich soweit, ich durfte erstmals allein den Theorieteil vortragen.
Allerdings war ich viel zu aufgeregt und angespannt unter den aufmerksamen
Augen von Surflehrer Jan und den lauschenden Ohren der Kursteilnehmer. Die
alten Polynesier wollten dann wohl auch nicht länger warten und paddelten schon
mal raus aufs Meer. Ich erklärte unterdessen die Grundlagen des Surfens und
brachte im praktischen Teil die Jungs und Mädels dann tatsächlich sicher auf
die Bretter. Es ist toll zu sehen wie stolz die Neulinge sind wenn sie zum
ersten Mal auf dem Brett stehen und sich sogar bis zum Strand darauf halten
können. Ich war ja auch mal Anfänger und kenne dieses euphorische Gefühl, man
redet den ganzen Tag über nichts anderes mehr.
Der Tag eines Surflehres ist recht lang, je nachdem wie die Gezeiten
des Meeres es zulassen und der Kurs beginnen kann, heißt es auch schon mal 6:30
Uhr aufstehen. Als erstes muss alles Material sorgfältig und sauber gepackt
werden. Die Surfbretter, die Neoprenanzüge... alles in den richtigen Größen mit
ein wenig Zubehör. Fehlen noch die Surfschüler. Das wiederum ist eine kleine
logistische Meisterleistung, denn alle müssen zum richtigen Zeitpunk von
diversen Hotels und Surfcamp abgeholt werden. Dann geht‘s auch schon ins
Wasser.
Der Strand von La Pared ist ein beliebter Spot für Surfanfänger, die
Weißwasserwalzen rollen im Sekundentakt herein und Ihr könnt bis zur
körperlichen Erschöpfung die Grundlagen des Wellenreitens trainieren. Mit all den roten,
blauen, gelben Surfboards und verschiedenfarbigen Lycras ein wirklich buntes
Treiben. Ich habe Respekt davor wie unsere erfahrenen Surflehrer es schaffen da
den Überblick zu behalten. Die Strömung im Wasser treibt die Schüler manchmal
innerhalb weniger Sekunden zwanzig, dreißig Meter nach links oder rechts. Ein
Sack Flöhe hüten ist dagegen ein Kinderspiel. Jeder wird außerdem im Wasser
persönlich betreut, bekommt wertvolle Hinweise oder wird auch schon mal auf die
ein oder andere Welle geschoben, wenn die Paddelkraft noch nicht ausreicht.
Zu 99 Prozent schafft jeder der Schüler am Ende des ersten Kurstages
seine erste weiße Welle im Stehen zu Surfen.
Nach Kursende fahre ich dann meistens das versandete Material zurück in
die Schule, wasche Neoprenanzüge, Boards und Lycras und sortiere alles wieder
ordentlich ein. Die Sonne brennt zur Zeit unbarmherzig heiß, vergisst Du auch
nur einen Tag die Sonnencreme, dann siehst Du am Abend aus wie eine gekochter
Krebs. So langsam bekommen meine Haare schon das beliebte Beachblond und die
Leute fragen mich „Wie lange lebst du eigentlich schon hier?“. Ich grinse dann
fröhlich und sage „...gerade mal zwei Wochen“.
Natürlich bleibt nach Dienstschluss immer noch Zeit privat Surfen zu
gehen. Die anderen Surflehrer kennen die besten Spots, wissen wann wo was
läuft. Es ist immer ein toller Ausklang des Tages. Ein wenig Surfspirit von den
größeren Wellen gibt‘s im nächsten Teil meines Pratikanten-Blogs. Denn manchmal
gibt es nichts schöneres als nach Sonnenuntergang bis zum Dunkelwerden mit dem
Meer zu spielen und erst aus dem Wasser zu gehen, wenn über der Bucht schon der
Mond am Himmel steht.
Es ist inzwischen dunkel geworden, der erfrischende Wind fegt endlich
die 40 Grad des Tages von der Insel und über uns leuchtet der wohl schönste
Sternenhimmel der Welt. Tief hängt er, zum Greifen nahe und er funkelt so klar
wie man ihn in unseren großen Städten gar nicht mehr zu Gesicht bekommt. Ich
schaue noch ein wenig in die unendliche Weite, lasse den Wind mit meinen Haaren
spielen und träume von großen sauberen Wellen die an meinen beiden freien Tagen
hoffentlich auf mich warten.
Übrigens da draußen auf dem Meer ist noch jede Menge Platz für Euch.
Das Surfabenteuer wartet - hier auf Fuerteventura sogar das ganze Jahr über.
Fortsetzung folgt ... ;)
Euer Chris
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